Ornes: Ein verschwundener Ort

„Ici fut Ornes. Détruit en 1916“

Etwa 12 km nordöstlich von Verdun lag das Dorf Ornes. Es ist eins von neun Dörfern, die im Ersten Weltkrieg komplett zerstört und nicht wieder aufgebaut wurden.1Ministère de l’Intérieur: „Les communes tombées pour la France“, 2017, https://www.interieur.gouv.fr/Archives/Archives-des-dossiers/2017-Dossiers/La-Meuse/Les-communes-tombees-pour-la-France. Bei Kriegsbeginn zählte es noch etwas mehr als 700 Einwohner, die vor allem von Landwirtschaft und Handwerk lebten. Damit hatte es seine Blütezeit mit über 1300 Einwohner in der Mitte des 19. Jahrhunderts bereits hinter sich.2Vgl. den Artikel „Ornes“ auf wikipedia.fr, Stand 3. Oktober 2019, 17.28 Uhr, https://fr.wikipedia.org/wiki/Ornes#Population_et_soci%C3%A9t%C3%A9.

Ornes, Quelle: openstreetmap.de

Nur wenige Tage nach Beginn der Schlacht von Verdun, am 24. Februar 1916, wurde das Dorf von deutschen Truppen eingenommen. Bis es im August 1917 zurückerobert wurde, war es durch Artilleriefeuer beider Lager komplett zerstört worden.3Vgl. ebd., https://fr.wikipedia.org/wiki/Ornes#Histoire. Da in dem gesamten Gebiet auch nach Kriegsende eine unüberschaubare Menge an Munition im Boden vergraben blieb, konnte die Region nicht neu bewohnt werden. Das Land wurde 1919 vom Staat aufgekauft und aufgeforstet. Gleichzeitig wurde beschlossen, die Dörfer verwaltungsrechtlich mit ihrem Namen zu erhalten. So ist auch Ornes nach wie vor auf der Landkarte zu finden. Es zählt heute eine Handvoll Einwohner und hat einen eigenen Bürgermeister. Wie den anderen zerstörten Dörfern wurde Ornes das „Croix de guerre“ verliehen.4Vgl. Ministère de l’Intérieur: „Les communes tombées pour la France“, 2017, https://www.interieur.gouv.fr/Archives/Archives-des-dossiers/2017-Dossiers/La-Meuse/Les-communes-tombees-pour-la-France.

Ruine der Kirche Saint-Michel

Von dem einstigen Dorf ist nur die Ruine der ehemaligen Kirche erhalten. Lediglich einige Säulen und Mauerreste der 1828 im neoklassischen Stil wiederaufgebauten Église Saint-Michel5Ministère de la Culture: „Eglise Saint-Michel“, 1996, https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/merimee/PA55000004. stehen noch auf der ansonsten mit Rasen bewachsenen Fläche. Der Ruine gegenüber ist ein Gedenkstein für die „Villages Martyrs“ errichtet. Das Gelände rund um die Kirche ist von hohen Nadelbäumen gesäumt.

„Aux villages Martyrs. 1914-1918“

Es dauerte eine Weile bis mir bewusst wurde, dass hier keineswegs eine der Natur überlassene Ruine überdauert und an die Existenz und Zerstörung des Ortes gemahnt. Im Gegenteil wird sie der Natur gewissermaßen entzogen. Die Überreste der Kirche werden als Gedenkstätte künstlich erhalten, sonst wäre der Anblick nicht so tadellos. Der Rasen in und um die Kirche herum muss regelmäßig gemäht und Unkraut entfernt werden. Der einstige Innenraum ist vom Geröll befreit worden, nur am Rand der Ruine liegen noch Überreste – von Moos überzogene Steine – die daran erinnern, dass auch an den stehengebliebenen Säulen und Mauerresten Moos und Efeu gewachsen wären, hätte nicht eine menschliche Hand die Steine als Denkmal in ihrem jetzigem Zustand erhalten.

Mit Moos bewachsene Steine vor der Ruine in Ornes

Gerade durch den doppelten künstlichen Erhalt des Ortes, der Kirche sowie des Dorfes als Verwaltungseinheit, wird die Zerstörung der Gegend umso eindrücklicher. Nicht eine leere Landkarte bleibt zurück, über die ein Auge ohne Halt hinweggesehen hätte, sondern ein Ort, der als Gedenkstätte Raum einfordert und Besucher durch den Anblick der Ruine an die Zerstörungswut des Krieges gemahnt.

Die zerstörte Kirche von Ornes
Quelle: LoKiLeCh, CC BY-SA 3.0

References
1 Ministère de l’Intérieur: „Les communes tombées pour la France“, 2017, https://www.interieur.gouv.fr/Archives/Archives-des-dossiers/2017-Dossiers/La-Meuse/Les-communes-tombees-pour-la-France.
2 Vgl. den Artikel „Ornes“ auf wikipedia.fr, Stand 3. Oktober 2019, 17.28 Uhr, https://fr.wikipedia.org/wiki/Ornes#Population_et_soci%C3%A9t%C3%A9.
3 Vgl. ebd., https://fr.wikipedia.org/wiki/Ornes#Histoire.
4 Vgl. Ministère de l’Intérieur: „Les communes tombées pour la France“, 2017, https://www.interieur.gouv.fr/Archives/Archives-des-dossiers/2017-Dossiers/La-Meuse/Les-communes-tombees-pour-la-France.
5 Ministère de la Culture: „Eglise Saint-Michel“, 1996, https://www.pop.culture.gouv.fr/notice/merimee/PA55000004.

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